Illustrator & Künstler Tonguc Baykurt

“Bei allen kreativen Prozessen …” – Im Gespräch mit Tonguç Baykurt

Tonguç Baykurt, Bild © by Tonguç Baykurt

SanatSeverBei allen kreativen Prozessen schöpft man aus eigener Persönlichkeit & Erfahrung

Im Interview mit dem Illustrator, Drehbuchautor und Regisseur Tonguç Baykurt

SanatSever

Herr Baykurt, Sie arbeiten seit vielen Jahren als Illustrator und als Storyboard Designer. Was lieben Sie an Ihrer Arbeit am meisten

Zeichnen ist mit der Zeit ein Teil meiner Persönlichkeit geworden. Nicht nur deswegen, weil ich seit meiner frühesten Kindheit zeichne, sondern auch weil Zeichnen mir bei vielen anderen kreativen Prozessen hilft. Besonders bei der Visualisierung der Gedanken. Beim Entwickeln der Ideen ist das Zeichnen ein für mich unverzichtbares Tool.
Ich zeichne auch Storyboards sehr gerne, weil dies zwei Bereiche, Illustration und Film, verbindet, für die ich ausgebildet bin.

Auf welche eigenen Illustrationen sind Sie besonders stolz?

Mir bereiten alle meine Zeichnungen große Freude, die aus dem Nichts, alleine durch Zeichnen entstanden sind. Bei denen ich das Gefühl habe, dass die Zeichnung sich quasi selbst entwickelt hat. Diesen Prozess beizuwohnen, ist für mich schon sehr faszinierend.

Hat sie Ihre eigene Arbeit schon einmal zum Lachen gebracht? 

Ja, ich amüsiere mich viel, aber ich ärgere mich auch oder bin manchmal traurig, wenn das Thema, worüber ich zeichne traurig ist. Das Lachen aber überwiegt deutlich.

Welcher Künstler hat Sie bisher am meisten inspiriert?

Tatsächlich ist es schwierig, die Inspiration auf eine Person fest zu machen. Es sind so viele tolle Künstler unterwegs. Die vielen Eindrücke um uns herum, nicht nur visuelle, das alles inspiriert einen unentwegt.

Den Weg zu Kunst & Design fanden Sie damals erst über einige Umwege, Sie studierten nach der Schulzeit erst einmal Mathematik und Mineralogie. Wie kam es dann doch zu einer Um-Entscheidung Ihrer Laufbahn? 

Meine Mutter war immer der Meinung, dass Kunst alleine einen nicht ernährt. Ich sollte etwas studieren, womit ich später meine Familie gut ernähren konnte. Da ich in der Schule gut in Mathe war, lag die Entscheidung für mich nah, Mathematik zu studieren. Vielleicht sah ich auch irgendwie eine Verbindung zwischen Kunst und Mathematik. Das reichte aber meiner Mutter nicht. Sie bearbeitete mich so lange, dass ich zu einem Fach der Ingenieurwissenschaften gewechselt habe. Aber schon nach ein paar Semestern musste sie einsehen, dass das alles für mich keinen Sinn machte, weil ich mein Mathematik- und späteres Mineralogie Studium mit Zeichnen finanziert habe.

Ihr Vater war selbst ein bekannter deutsch-türkischer Schriftsteller und Autor. Man könnte also behaupten, Ihnen wurde ihr künstlerisches Talent bereits in die Wiege gelegt. Sehen Sie das auch so? 

Meine Mutter kam durch meinen Vater kostenlos an Papier. Sie brachte stapelweise Blätter und Stifte von den Druckereien mit nach Hause. Da ich keinen Kindergarten besucht habe, schien ihr das wahrscheinlich der beste Weg, mich zu beschäftigen. Ich habe meine ganze Kindheit fast ausschließlich mit Zeichnen verbracht. Es ist also mehr Fleiss als Talent, würde ich sagen.

Lesen Sie gerne? Welche Bücher oder Schriftsteller lesen Sie am liebsten?

Ich lese viel und gerne. Wenn ich einen AutorIn für mich entdeckt habe, versuche ich dann möglichst alles von der Person zu lesen. Murakami ist z.B. für mich immer sehr lesenswert. Wenn ein neues Buch von ihm erscheint, dann muss ich es sofort lesen.Aktuell habe ich für mich Saša Stanišić entdeckt und bin gerade dabei, seine Romane zu lesen. „Wie der Soldat das Grammofon repariert“, „Vor dem Fest“ oder „Herkunft“,  von ihm sind sehr gute Bücher… Aber nicht nur Belletristik, ich bin auch an vielen Sachthemen interessiert. Deshalb lese ich viele Sachbücher zu unterschiedlichen Themenbereichen.

Sie sind auch als Drehbuchautor und Regisseur tätig und haben Filme verwirklicht, welche mitunter auch mit Preisen ausgezeichnet wurden. Spielte für Sie jemals dabei das Deutsch- oder Türkischsein eine Rolle?

Man schöpft ja oft aus seiner eigenen Persönlichkeit und aus seinen eigenen Erfahrungen. Das ist eigentlich bei allen kreativen Prozessen der Fall. Da in meinem Leben sowohl das Deutsche als auch die türkische Kultur eine große Rolle spielt, kann man wohl sagen, dass es sich in meinen Arbeiten wiederspiegelt.

Gab es jemals eine berufliche Entscheidung, die Sie im Nachhinein bereut haben?

Einerseits wären ein paar wenige Umwege vielleicht gut gewesen, andererseits das sind alles wertvolle Erfahrungen, die ich nicht missen möchte. Am Ende ist alles gut, wie es bisher gelaufen ist.

Was ist ihr größter Traum, welchen Sie sich bisher noch nicht erfüllen konnten? 

Die vielen Umwege in meinem Leben erklären, dass ich, zumindest versucht habe, mir viele meiner Träume zu erfüllen. Aber es gibt doch einen… Vor Jahren habe ich lange an der Adaption des letzten Romans meines Vaters („Der Eselsbibliothekar“) gearbeitet. Nach jahrelanger Arbeit war das Drehbuch soweit, dass man den Film hätte drehen können. Schließlich hat es an der Finanzierung gescheitert. 

Diesen einen Film zu drehen, wäre wahrscheinlich so ein Traum…

Mehr Wissenswertes & Informatives über den Künstler Tonguç Baykurt.

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